Aderlass


Als Therapieform ist der Aderlass in der Schulmedizin bis auf wenige Ausnahmen fast völlig verschwunden, dabei galt er in den verschiedensten Systemen der Heilkunst vom Altertum über das Mittelalter bis in die Neuzeit hinein als wirksames und zuverlässiges Mittel bei Zuständen wie:

  • Schwindel,
  • Angina pectoris
  • hohen Blutdruck,
  • Erkrankungen des Stoffwechsels wie Gicht, Diabetes mellitus, erhöhtes Cholesterin oder erhöhte Neutralfette,
  • erhöhte Blutfarbstoffwerte bzw. zuviele rote Blutkörperchen,
  • Übergewicht,
  • venöse Stauungszustände,
  • Depressionen,
  • Asthma,
  • übermäßiges Nasenbluten,
  • klimakterische Beschwerden
  • rheumatische Erkrankungen etc..
Der bekannte Humoralmediziner Hufeland zählte die "blutentziehenden Verfahren" zu den Kardinalmitteln der Medizin, da hierbei " die schlechten Säfte " aus dem Körper entfernt wurden. 
Auch Galen (129 n.Chr.) räumte in seinem 20-bändigen Werk dem Aderlass eine hervorragende Stellung ein. 
Die berühmte Äbtissin Hildegard von Bingen (1098- 1179) legte ebenfalls größten Wert auf den Aderlass, wobei sie den Aderlass speziell bei Vollmond empfahl. 
Obwohl bei diesem Hildegard´schen Aderlass nur minimale Blutmengen entzogen werden sind die Wirkungen oftmals verblüffend und teilweise nicht zu erklären. 
Leider wurde dieses Verfahren gegen Ende des 16. Jahrhunderts unter anderem von dem italienischen Arzt Botalli dermaßen übertrieben, daß man von einem regelrechten "Vampirismus" sprechen konnte. 
Die Patienten wurden so stark zur Ader gelassen, daß sie fast ausgeblutet waren und viele daran verstarben. 
Durch das Aufkommen der Zellularpathologie durch Virchow im 19.Jahrhundert, wurde die Krankheitsursache nur noch in der Zelle gesehen und dieHumoralpathologen welche die Krankheiten ursächlich mit "schlechten Säften" verbanden, verloren an Wichtigkeit.
Ebenso natürlich auch der Aderlass .
Die Wiedereinführung des Aderlasses in neuerer Zeit, ist dem Wiener Arzt B.Aschner(1883 - 1960) zu verdanken, der sich, von den traditionellen Behandlungsmethoden der Schulmedizin abwandte und die alten Heilverfahren von Hippokrates, Galen, Paracelsus , Hufeland und anderen wieder aufleben ließ. 
Die Wirkungsweise des roten Aderlasses ( es gibt auch einen weißen Aderlass, welcher Lymphflüssigkeit entzieht) besteht darin, daß dem Körper eine gewisse Menge Blut entzogen wird. Die entnommene Menge Blut wird durch eine entsprechende Menge Gewebeflüssigkeit wieder aufgefüllt, das Blut wird somit verdünnt und die Fließgeschwindikeit nimmt zu. 
Damit einhergehend werden abgelagerte Stoffwechselschlacken mobilisiert und über die Entgiftungsorgane Leber, Darm und Niere ausgeschieden. 
Der mit dem Blutverlust einhergehende Eiweißverlust fördert die Entleerung überflüssiger Eiweißdepots welche zu hohem Blutdruck und anderen Stoffwechselkrankheiten führen können.
Das Knochenmark wird angeregt mehr rote und weiße Blutkörperchen zu bilden, die Abwehrkräfte werden verstärkt. 
Der Blutentzug greift auch in vegetativ-homonale Abläufe ein und bringt fehlgesteuerte Organfunktionen wieder ins Gleichgewicht. 
Die Technik des Aderlasses ist sehr einfach und schmerzlos:
Der Patient liegt bequem auf der Liege, eine Vene wird punktiert und ca 5o bis maximal 200 ccm Blut werden entnommen. Nach einer kurzen Ruhepause darf der Patient wieder aufstehen. 
Als Sonderformen des Aderlass gibt es den lokalen Aderlass, d.h. da wo der Patient Venenschmerzen hat wird Blut abgelassen, z.B. am Fußknöchel oder im Bereich von varikösen Kniegelenken. 
Beim japanischen Mikroaderlass werden die Besenreiservarizen des Unterschenkels mit einer kleinen Lanzette oberflächlich angestochen und zum Bluten gebracht. Die Blutung hört nach kurzer Zeit von selbst auf.